Renault Floride
1960
Renault R8 Major
1962
Renault R4
1963
Renault R8S
1968
Renault 8 Gordini
1967
Renault R16
1969
Renault R8 automatic
1968
Renault R16
1969
Die Zeit des beschwerlichen Wiederaufbaus mündet in den 60er Jahren in ein neues Lebensgefühl: Der Wirtschaftsboom lässt auch die Arbeiter am neuen Wohlstand teilhaben, das Auto wird für immer mehr Menschen erschwinglich und eröffnet völlig neue Perspektiven. Renault profitiert von diesem Trend besonders. Immerhin hat die französische Marke zum Beispiel mit dem anmutigen Coupé Floride nicht nur schöne Fahrzeuge im Programm, sondern auch erschwingliche wie etwa den bewährten 4CV. 1961 aber sollte ein neues Modell das so genannte „Cremeschnittchen" ablösen und endgültig das Tor zur Motorisierung der Massen öffnen: der R4, der erste Fronttriebler von Renault.
Der 3,66 Meter kurze Viertürer mit der riesigen Heckklappe, dem ebenen Ladeboden und der vorklappbaren Rückbank ist vor allem eines: praktisch und unverwüstlich, ohne dabei den typischen französischen Pfiff vermissen zu lassen. Der R4 wird ein enormer Verkaufserfolg und ein Exportschlager. Fast 31 Jahre lang wird er nahezu unverändert gebaut werden. Erst 1992 stellt Renault die Produktion nach 8.125.424 Exemplaren ein. Jeder zehnte R4 ging nach Deutschland.
Das neue Gefühl der Freiheit stellt die Gesellschaft Anfang der 60er auf den Kopf. Die Antibabypille erlöst die Frau aus ihrer traditionellen Rolle, Yuri Gagarin erobert als erster Mensch den Weltraum, der Südafrikaner Christian Barnard verpflanzt Herzen und in den USA wird John F. Kennedy zum Präsidenten gewählt. Die Wochenarbeitszeit sinkt in Frankreich von 48 auf 45 Stunden, und schon 1961 werden vier Wochen Jahresurlaub zum Standard.
Doch nicht alles ist fröhlich und unbeschwert: Renault bricht der nord- und südamerikanische Markt weg, wodurch das Unternehmen eine ernste Krise meistern muss. Doch das Tal ist schnell durchschritten. Der Renault R8 löst 1962 die Dauphine ab. Das handliche Mittelklasse-Modell wird schnell zum GTI seiner Zeit: In den Händen des Rennwagen-Konstrukteurs Amedée Gordini entstehen rassige Sportversionen, erst 86 PS, später sogar 88 PS stark und bis zu 175 km/h schnell. Der flinke Hecktriebler steigt in den Händen ambitionierter Privatfahrer schnell zum gefürchteten Rallye-Boliden auf. 1966 begründet Renault mit dem Renault 8 Gordini Cup sogar die bis heute währende Markenpokal-Tradition der Marke.
Die Menschheit greift zum Mond, doch bevor Neil Armstrong erstmals den Fuß auf den Erdtrabanten setzt, hat Renault die Welt der Mittelklasse-Modell revolutioniert: 1965 debütiert der epochale Renault 16, die erste Fließheck-Limousine mit großer Heckklappe ihrer Art überhaupt und nicht nur zu ihrer Zeit wegweisend für ihre flexible Raumausnutzung. Der besonders komfortable Fronttriebler überzeugt unter anderem durch eine längsverschiebbare und auch umklappbare Rücksitzbank. Vom Erfolg des Renault 16 inspiriert erscheint 1968 sogar eine Miniaturausgabe: der kleinere Renault 6, statt 4,26 Meter nur 3,86 Meter lang.
Zeitgleich haben auf den Rallye-Pisten Europas die „Blauen Reiter" am Steuer ihrer wunderbaren Renault Alpine A110 das Kommando übernommen. Während Lenkradartisten vom Kaliber eines Jean-Claude Andruet und Jean Vinatier ihre flachen und besonders leichten Flundern (zeitgenössisches Zitat eines Journalisten: „Die Türen waren so dünn, sie bestanden nur aus blauer Farbe...") mit Vehemenz um die Kurven schmeißen, werfen in Paris aufgebrachte Studenten mit ganz anderen Dingen: Die 68er-Proteste schwappt durch Europa. Der davon beeinflusste französische Generalstreik trifft auch Renault: 33 Tage dauert die Arbeitsniederlegung zum Beispiel im Stammwerk Billancourt. Lohnerhöhungen, eine um eine Stunde weiter reduzierte Wochenarbeitszeit sowie mehr Rechte für die Gewerkschaften lösen den Konflikt.
Damit steht auch der Einführung des neuen Renault 12 nichts mehr im Weg. Die Mittelklasse-Stufenhecklimousine - ein weiteres Modell mit Frontantrieb - schließt 1969 die Lücke zwischen Renault 10 und Renault 16. Die Modernisierung des Renault Konzerns macht also große Fortschritte. Der Erfolg lässt sich auch in den Beschäftigtenzahlen ablesen: Arbeiteten zu Beginn des Jahrzehnts noch 61.435 Mitarbeiter für Renault, so stehen 1969 bereits mehr als 86.000 Menschen bei dem französischen Automobilhersteller in Lohn und Brot. Die Produktion hatte sich von rund 548.000 Fahrzeugen auf mehr als eine Million Einheiten fast verdoppelt.
Diese steile Erfolgskurve sollte sich in den 70er Jahren fortsetzen - dank wegweisender neuer Modelle, aber auch überzeugender Siege auf den Renn- und Rallye-Pisten der Welt.